Konflikte durch Mediation regeln

           

 

 

 

 

         Jedes Ding hat drei Seiten,

                eine, die du siehst,

                eine, die ich sehe

                         und eine,

            die wir beide nicht sehen.

          (Chinesische Weisheit)

 

 

Foto: Rose, Paris, Juli 2006

Streit, Probleme, Konflikte, sie sind ständig präsent und lähmen uns zutiefst! Die Frage ist, ob wir gewillt sind, uns aktiv mit den uns umgebenden Konflikten auseinanderzusetzen oder ob wir lieber aus lauter Bequemlichkeit darauf verzichten, etwas zu ändern.

In jedem Fall wirst du Energie verbrauchen, um mit der gegebenen Situation klarzukommen.

Wenn du weiter im Streit mit deinen Mitmenschen lebst, dich als Opfer oder auch kurzfristig als Sieger fühlst, lebst du in einem kolossalen Spannungsfeld. Die Auswirkungen auf deine körperliche und psychische Gesundheit kannst du dir denken.

Bist du allerdings bereit, deine Energie für eine Konfliktreglung einzusetzen, dann bist du in jedem Fall der Sieger, allerdings nicht im altbekannten Sinne, denn du hast niemanden besiegt, außer dich selbst.

Wie ist das nun verstehen? Ganz einfach: Da du ja bekanntermaßen niemanden außer dich selbst ändern kannst, hast du deine Energie genau auf die Person gerichtet, die dir besonders am Herzen liegt, nämlich auf dich!

Wenn dir also jemand das Leben so richtig schwer macht, dich mit Vorwürfen überhäuft, dir Unfähigkeit und Schlimmeres vorwirft, stell dir vor, die Vorwürfe würden dir per Postpaket gesendet und du verweigerst die Annahme! So einfach geht das.

Jetzt bist du nicht das Opfer, sondern der Handelnde!

Durch die "Nichtannahme des Paketes" ist der Konflikt natürlich noch nicht aus der Welt, doch du bist erst einmal ganz entspannt und kannst dir eine Konfliktreglungs-Strategie ausdenken. 

Kommunikation ist in jedem Fall das Mittel der Wahl! 

Aber wie soll ich mit meinem Widersacher kommunizieren, damit wir beide erhobenen Hauptes den Raum verlassen können? Zunächst solltest du dir immer darüber im Klaren sein, dass du nicht nur mit deinen Worten beeindruckst, sondern in besonderem Maße mit deiner Mimik und Gestik. Deine Körpersprache ist oft wichtiger als deine Worte, am besten ist es natürlich, wenn deine Worte  und deine Gesten im Einklang sind, dann wirkst du authentisch. Konfliktreglungen sind deutlich einfacher zu erreichen, wenn sie auf der Grundlage friedlicher Kommunikation  basieren. 

Die sogenannte "Giraffensprache", eine Erfindung von Marshall Rosenberg, ist die perfekte Voraussetzung, Konflikte erfolgreich zu regeln.

Ich spreche grundsätzlich von einer Konfliktreglung und nicht von einer Konfliktlösung, denn es liegt in der Natur des Konfliktes, dass er immer mal wieder auftreten kann und dann erneut geregelt werden muss. Eine Lösung des Konfliktes wird es in den seltensten Fällen geben, wenn das dann so ist, umso besser!

Die vier Bausteine des Vertrauens, Verlässlichkeit, Akzeptanz, Offenheit und Wertschätzung bilden die Grundlage friedlicher Kommunikation und somit sind sie auch die Grundvoraussetzung für ein positives Miteinander.

Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, diese Bausteine in unser Leben zu integrieren, damit wir ein befreites und glückliches Leben führen können.

Manchmal ist es allerdings nicht möglich, einen Konflikt aus eigener Kraft zu regeln, das ist ganz normal, denn unser Ego lässt es oft nicht zu, dass wir offen und wertschätzend auf unseren Kontrahenten zugehen. In einem solchen Fall bietet sich eine professionelle Mediation an. Die Mediatorin/der Mediator strukturiert dann das Gespräch und entlastet die Beteiligten. Wie und wodurch das geschieht, erfährst du im Anschluss. Doch zunächst stellt sich die Frage, was Mediation überhaupt bedeutet.

Es geht also nicht darum, dass eine dritte Person deine Konflikte für dich regelt, nein, du selbst bist in der Pflicht, dein persönliches Problem in die Hand zu nehmen. Das gleiche gilt natürlich auch für deinen Kontrahenten!

Angestrebt ist die sogenannte Win-win-Situation, d.h. jeder der Streitpartner verlässt den Raum mit dem positiven Gefühl, gewonnen zu haben. Das kann allerdings nur geschehen, wenn euer jeweiliges Interesse bzw. Anliegen in einer sachlichen, entemotionalisierten Atmosphäre besprochen wird und du bereit bist, auf Schuldzuweisungen zu verzichten, deine Gefühle bezüglich dieser Situation anzuerkennen und dasselbe auch deinem Streitpartner zugestehst.

Hört sich jetzt alles ziemlich kompliziert an, ist es aber nicht, denn euer Mediator/eure Mediatorin werden euch dabei helfen,

euren Konflikt ganz individuell zu regeln. Wie das geschieht, werde ich am Beispiel der "Mediation in der Schule" erläutern.

Mediation in der Schule

Die fünf Phasen der Mediation/Streitschlichtung

In der ersten Phase erläutert der Mediator die Regeln der Mediation und deren Ablauf. Er versichert absolute Vertraulichkeit und Neutralität.

Es wird klar herausgestellt, dass der Mediator nicht die Rolle eines Richters hat, da es hier nicht um eine Straftat geht, sondern um persönliche Verletzungen, die immer nur im gegenseitigen Einverständnis geregelt werden können.

Die Aufgabe des Mediator ist es lediglich, den Konflikt durch gezieltes Nachfragen und sachliche Zusammenfassungen zu strukturieren und den Streitenden die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Vorschläge zur Streitschlichtung vorzutragen.

In der zweiten Phase dürfen die Streitenden zwar "Dampf ablassen", jedoch immer nur in Richtung Mediator. Hier können und sollen beide Parteien ihre ganz persönliche Sichtweise des Konflikts darstellen und das kann durchaus sehr emotional werden. Die Aufgabe des Mediators ist es, in dieser Phase die jeweiligen Sichtweisen sachlich zusammenzufassen. Wichtig ist dabei, möglichst nicht die Formulierungen der Kontrahenten, die ja in der Regel eher aggressiv sein werden, zu benutzen, sondern durch Umformulieren eine Versachlichung zu erreichen. Es sollten in der zweiten Phase die "Brennpunkte" des Konfliktes aufgeschrieben werden, um danach die Reihenfolge der Bearbeitung in Absprache mit den Betroffenen festzulegen.

In der dritten Phase fragt der Mediator nach Hintergründen, Motiven bzw. Ursachen des Streites. Wichtig ist es, in dieser Phase die Beteiligten dazu aufzufordern, ihre Gefühle hinsichtlich des Konfliktes zu formulieren. Das sogenannte EISBERGMODELL verdeutlicht, dass immer nur ein geringer Prozentsatz des Problems/Konfliktes an der Oberfläche sichtbar ist und der größte Anteil im Untergrund verborgen bleibt. Es ist die Hauptaufgabe des Mediators, diese verborgenen Anteile des Konfliktes ans Tageslicht zu bringen. In der Regel wird das die schwierigste Aufgabe sein, denn oft ist der Hintergrund eines Streites in weit zurückliegenden Begebenheiten oder in völlig anderen Zusammenhängen zu suchen. Deshalb muss der Mediator gezielt  nachfragen. Ganz wichtig ist es in dieser Phase, dass die Betroffenen über ihre Gefühle bezüglich der Konfliktsituation sprechen. Der Mediator fordert die Kontrahenten anschließend auf, sich in die Situation des anderen hineinzuversetzen, quasi "in seinen Schuhen zu gehen", um dadurch nachvollziehen zu können, wie sich der Gegner in dieser oder einer vergangenen Situation gefühlt hat.

In der vierten Phase wird der Konflikt von den Mediatoren eindeutig formuliert. Die Streitenden müssen gefragt werden, ob sie mit der Beschreibung einverstanden sind. Ist das der Fall, werden die Kontrahenten aufgefordert ihre Wünsche und Angebote zur Konfliktreglung aufzuschreiben und anschließend miteinander zu vergleichen.  Während diese Prozesses kristallisieren sich Gemeinsamkeiten bzw. ganz konkrete Regelungen heraus. 

Die Mediatoren verbalisieren die zielführenden Wünsche und Angebote der Streitenden und fragen, ob diese Regelung(en) von ihnen akzeptiert werden.

In der fünften Phase wird der Einigungsvertrag sorgfältig ausgefüllt und die Vereinbarung vorgelesen. Ein Folgetreffen wird festgelegt und alle Beteiligten unterzeichnen den Vertrag. Anzustreben ist, dass sich die Kontrahenten die Hand reichen. Das muss nicht in jedem Fall erfolgen, denn, da ja die Konfliktreglung durch die Betroffenen geschieht, kann diese auch durchaus darin bestehen, sich aus dem Weg zu gehen und Abstand voneinander zu halten. Das ist auch okay, wenn beide damit einverstanden sind.

Implementierung eines Streitschlichter-Projektes in der Schule

Weshalb Mediation in Schulen von großer Relevanz ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass Streit zwischen Schülern, Mobbing und Cybermobbing, unabhängig von Schulform und Standort der Schulen, den schulischen Alltag stark beeinflussen.

Neben den erschreckenden Folgen für die Betroffenen, wirken sich ungeklärte Konflikte in der Schule extrem negativ auf das Lernklima aus.

Da erfolgreiches Lernen aber bekanntermaßen nur funktioniert, wenn wir "den Kopf frei haben", sind die Schulen verpflichtet, alles zu tun, um dafür zu sorgen, dass Schüler und Lehrer in einer entspannten Atmosphäre arbeiten und lernen können.

MEDIATION/Streitschlichtung ist eine effektive Methode, gemeinsam mit engagierten Schülern das Schulklima positiv zu gestalten.

Dennoch ist es oft nicht einfach, ein Mediations-Projekt in einer Schule zu implementieren. Die Mind-Map "Mediation" kann für die Einführung eines "Mediations-Projekts" sehr nützlich sein, da hier Bedeutung und Umfang des Projektes detailliert beschrieben werden. 

 


Wenn es tatsächlich gelungen ist, ein Streitschlichter-Projekt in einer Schule einzuführen, dann gibt es viel zu tun.

Die ausgebildeten Schulmediatoren müssen zunächst geeignete (siehe Fähigkeiten einer Mediatorin...) und motivierte Schüler auswählen, um diese dann zu Streitschlichtern auszubilden.

Das geschieht während der wöchentlichen Medi-AG und ggf. während eines Ausbildungswochenendes. Ein verlängertes Wochenende, vielleicht mit Übernachtung in einer Jugendherberge, ist für ein intensives Training und die Schulung des Teamgeistes sehr geeignet.

In der Schule muss auf jeden Fall ein Mediations-Raum, der von den zukünftigen Medis gestaltet werden kann, zur Verfügung stehen. Dort finden dann später auch die Schlichtungsgespräch statt.

Am Ende der Ausbildung sollten die zukünftigen Medis im Rollenspiel beweisen, dass sie die fünf Mediations-Phasen verinnerlicht haben und anwenden können. Ganz wichtig ist dabei, dass sie in der Lage sind, gegebenenfalls Phasen abzukürzen oder auch das Gespräch zu vertagen. Flexibilität ist z. B. immer dann wünschenswert, wenn die Streitparteien sich nicht "bewegen", d. h. keine eigenen konstruktiven Vorschläge zur Konfliktreglung machen. Es ist dann für den Mediator manchmal schwer, sich nicht einzumischen und mal eben einen persönlichen Reglungsvorschlag zu machen. Das wäre aber eher kontraproduktiv, da die Kontrahenten sich ja unbedingt ihre eigene Konfliktreglung erarbeiten müssen, um zufrieden das Zimmer verlassen zu können!

Übrigens ist es aus psychologischen Gründen sehr sinnvoll, wenn zwei Medis den beiden Kontrahenten gegenüber sitzen und die Befragung über Kreuz erfolgt. Das hat nichts mit einem Kreuzverhör zu tun, sondern fühlt sich für die Betroffenen positiv an. Jeder hat sozusagen seinen Mediator, dem er die eigene Sicht des Konfliktes anvertrauen kann. 

Ein gutes Marketing gehört natürlich auch zur Einführung eines Streitschlichter-Projektes in der Schule und deshalb ist es wichtig, Schüler/innen und Eltern umfassend über das Projekt zu informieren und in allen Klassen dafür zu werben.

Des Weiteren hat es sich als sinnvoll erwiesen, dass Streitschlichter Patenklassen betreuen, um mit den Schülern der gesamten Klasse Deeskalationsstrategien etc. einzuüben und Vertrauen zu gewinnen, damit die Schüler freiwillig das "Mediationsangebot" der Streitschlichter annehmen.

Wenn das Streitschlichter-Programm sich etabliert hat, wird es Zeit, die nächste Generation "Medis" auszubilden. Das geschieht dann wieder in der wöchentlichen AG unter Anleitung der Schulmediatorin und der bereits ausgebildeten Streitschlichter. 

Das ist eine spannende Zeit mit viel Spaß und positiven Lernerfolgen aller Beteiligten. 

Manchmal hörte ich von Kollegen, dass von der ganzen Mediation wohl die ausgebildeten Medis am meisten profitieren und dieser Meinung muss ich mich anschließen, denn viele ehemalige Schülermedis konnten ihre diesbezügliche Erfahrung in ihren Betrieben positiv einbringen und darüber hinaus haben sie das Beste für ihr eigenes Leben eingeübt: Empathie und Friedfertigkeit!

 

Informationsmaterial für Schüler/innen und Eltern:



Und das erwartet dich bei uns:

Und so sieht das Ergebnis aus:


Der Einigungsvertrag, den die Medis in der letzten Phase der Streitschlichtung ausfüllen und von den Konfliktpartnern unterschreiben lassen, wird vertraulich behandelt und an sicherer Stelle aufbewahrt.

Er bildet die Grundlage des wichtigen Folgetreffens, bei dem festgestellt wird, ob die Vereinbarungen eingehalten wurden und ob eventuell. ein weiteres Schlichtungsgespräch erforderlich ist.

Ausbildung zur Schülermediatorin/zum Schülermediator

Diese Fähigkeiten solltest du dir zutrauen und/oder schon mitbringen:

Und das lernst du in der Ausbildung:


Und das könntest du bei deiner Schulentlassung erhalten:

Und das wünsche ich euch allen von ganzem Herzen: